gegenüber den meisten Werbeformen sind wir inzwischen immun: Wir schauen nicht mehr hin, wir hören nicht mehr zu. Wir schalten ab – oder um. Die ständigen Unternehmensskandale zerstören unseren letzten Rest an Vertrauen. Wir glauben nicht länger der blumigen Prosa in Hochglanzbroschüren, dem Sirenengesang der Verkäufergeschwader und dem Werbegedudel von Radio Gong.
Wir fühlen uns gestört, wir sind angeödet und lassen uns nicht länger täuschen. Druckverkauf und werblicher Dauerregen sind ungewollt - und von daher nicht länger erwünscht. Schon bald werden sich Marken wohl darauf einstellen müssen, dass sie höchstens noch angefragt werden, selbst aber niemanden mehr belästigen dürfen. Nur das, was den Konsumenten passt, kommt dann noch zu ihnen durch.
Was tun, wenn Werbedruck nicht mehr funktioniert?
Sog ist stärker als Druck. Deshalb schlägt das Empfehlungsmarketing die klassische Werbung. Der alte Weg, die herkömmliche Neukundenakquise, ist bei durchweg gleichartigen Angeboten und in gesättigten Märkten äußerst beschwerlich. Erstnutzer werden schon allein aufgrund der demographischen Entwicklung immer seltener.
Und die Kunden der Mitbewerber gewinnt man fast nur noch über den Preis. Doch aggressive Preisstrategien erzeugen - genauso wie hektische Erweiterungen des Produktportfolios und die fieberhafte Marktanteilsaufstockung durch Übernahmen - meist nur kurzfristiges Wachstum und „schlechte“ Gewinne.
„Schlechte“ Gewinne gehen auf Kosten der Kunden
Während „schlechte“ Gewinne auf Kosten der Kunden gemacht werden, werden „gute Gewinne“ mit deren Hilfe gemacht. Gute Gewinne entstehen vor allem dann, wenn „großartige Unternehmen das Leben der Menschen, die mit ihnen in Berührung kommen, bereichern und Beziehungen aufbauen, die echte Loyalität verdienen“, sagt der Loyalitätsexperte Fred Reichheld.
Vielerorts werden Kunden noch immer als Melkkühe (Cash Cows) gesehen und genauso behandelt. Doch „Wir hoffen mal, dass sie es nicht merken“-Strategien funktionieren nicht mehr. Niemand lässt sich noch länger für blöd verkaufen. Selbst da, wo die Kunden nicht gleich durchschauen, wie sie über den Tisch gezogen werden, wird es bald düster.
Denn die Mitarbeiter wissen das nur zu gut. Und irgendeiner wird es nach draußen tragen. Erarbeiten Sie also lieber schleunigst zusammen mit Ihren Leuten, wie sich an allen Touchpoints, den Interaktionspunkten zwischen Anbieter und Kunde, kundenfeindliche Praktiken aufdecken und abschaffen lassen. Haben Unternehmen dieses Ziel erst erreicht, dann sind Empfehlungen ganz gewiss.
Empfehlungen sind die neuen Konsumtreiber
Eine fundierte Empfehlung hat manchmal geradezu magische Anziehungskraft. Gut gestreut und in das richtige Umfeld gebracht, löst sie Wellen weiterer Empfehlungen aus. So sind Empfehlungen auch die neuen Konsumtreiber.
Denn Empfehlungen machen uns das Leben leicht. Sie sind wie Leuchtfeuer im unendlichen Meer der Möglichkeiten. Sie haben mit Vertrauen, mit Freude am Teilen und auch mit sozialem Handeln zu tun. Das Empfehlungsmarketing folgt demnach einem Weg, der mit emotionaler Power agiert, und bei dem zwischenmenschliche Beziehungen eine entscheidende Rolle spielen.
Dieser Weg ist dem technokratisch-unterkühlten, emotionsbereinigten Managementdenken, bei dem es vornehmlich um Sachliches und Fachliches, um Instrumente und Tools sowie um Prozesse, Regeln und Normen geht, in jeder Hinsicht überlegen.
Enge Vorschriften und lähmende Hierarchien sind wie ein Käfig. Darin erstarren Mitarbeiter - und Kunden werden ganz still. Empfehlungen dagegen sind wie Singvögel. Sie flattern durch die Welt und erzählen was Schönes. Und wir hören ganz gebannt zu.
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